Kiosklösungen für den Telekom-Einzelhandel: Ein Interview mit Andreas Schulz von MICHAELTELECOM
Egal ob es sich um Ticket-Kiosks mit Touchscreen im Kino oder Self-Checkout-Lösungen (SCO) zur Selbstbedienung im Supermarkt handelt, Kiosklösungen werden mehr und mehr zu einem bestimmenden Bild in unserem täglichen Leben. Auch für die Telekombranche entwickeln sich zusehends interessante Anwendungsmöglichkeiten. Daher beschäftigen wir uns bei NTS Retail intensiv mit diesen Optionen und arbeiten in diesem Zusammenhang mit internationalen Partnern an innovativen Lösungen.
Einer dieser Partner ist die MICHAELTELECOM AG, die als ITK Distributor den Finger stets am Puls der Entwicklungen in der Branche hält und einen gesamtheitlichen Überblick über die Anforderungen im informationsgestützten Einzelhandel hat.
Andreas Schulz, Head of Digital Signage und Markenbotschafter bei MICHAELTELECOM, hat uns in einem Interview Fragen zum Thema Kiosklösungen im Einzelhandel beantwortet und uns seine Vision zur Zukunft des Marktes nähergebracht.
Von Digital Signage zu POS und Self-Check-Out
Danke Andreas, dass du dich bereit erklärt hast, uns in diesem Interview ein paar Einblicke in die Prozesse bei MICHAELTELECOM und der POS Unit zu gewähren. Die MICHAELTELECOM ist ein führender Distributor und seit 1984 in diesem spannenden, innovationsgetriebenen Markt tätig. Was sind die interessantesten Entwicklungen, die du in deiner Karriere in der Branche miterlebt hast?
AS: Ich selbst bin seit mehr als 3 Jahren bei der MICHAELTELECOM AG (MTAG) beschäftigt und kümmere mich um die Bereiche rund um den POS. Zunächst haben wir in unserer Abteilung, der POS Unit, damit angefangen, uns mit Möbelbau und Ladenkonzepten zu beschäftigen, was auch schon zu dem Zeitpunkt die Anwendung von Digital Signage mitumfasste. Doch die Anforderungen an uns wurden schnell immer vielseitiger: Die Kunden wünschten sich interaktive Anwendungen und einen Weg effizient relevante Daten zu sammeln und nicht einfach nur Bilder und Videos abzuspielen.
Dieser Aufgabe haben wir uns dann, gemeinsam mit unseren Partnern, konsequent angenommen und zum Motto und Inhalt unserer POS Unit gemacht. Ausgehend von ersten Shop-Konzepten für den Lebensmitteleinzelhandel haben wir unseren Weg gemacht und bieten nun Konzeption, Herstellung und Implementierung von Self-Check-Out-Terminals als Service an. Maßgeblich war der Weg in die Öffentlichkeit in Sachen PR/Marketing sowie die Messeauftritte, die uns eine rege Zustimmung und breite Aufmerksamkeit gebracht haben. Unsere Reichweite ist mit den Auftritten bei der IFA nicht nur gestiegen, sondern hat uns überdies viele neue und höchst spannende Kunden eingebracht.
Die Entwicklung, die wir bei der POS Unit erleben durften, ist beeindruckend. Mittlerweile zählen wir über 30 Partner und Hersteller in unserem Gefüge und freuen uns über mehr als 15 aktive Projekte.
Zu den wohl intensivsten Projekten gehört der VR eKiosk, den wir zusammen mit NTS Retail, Pyramid, Isaria und Booker konzipiert und umgesetzt haben. Der erste Pilot-Rollout läuft seit dem 13.07.2020. Das Spannende an diesem Konzept ist nicht bloß die Self-Check-Out-Funktionalität, sondern die Möglichkeit zum Identitätsnachweis direkt am Kiosk und die Kombination von Gutscheinverkauf (wie z. B. Paysafe Card) sowie Event-Ticket-Verkauf. Dabei kommen drei Betriebssysteme am Gerät zum Einsatz (Android, Windows und Linux): Ein bisher einzigartiges Konzept.
Mit der POS Unit beschreitet ihr ganz bewusst neue Wege in den Bereichen Retail, Digital Signage und POS. Als ausgewiesener Experte für Digital POS, Digital Signage und Self-Check-Out-Systeme, wo siehst du die zentralen Vorteile, die durch den Einsatz dieser Technologien erreicht werden können?
AS: Ganz klar liegt für mich ein Vorteil in der direkten, aktiven und interaktiven Ansprache der Endkunden. Das Bewerben von Aktionen, sowie auch die Analyse des Kundenverhaltens, sind ganz wesentliche Themen für die Retail-Branche, die allerdings genauso in anderen Branchen eine merkliche Auswirkung haben werden.
Lagerhaltung spielt ebenfalls eine wichtige Rolle und hier merken wir auch eine Änderung des Endkundenverhaltens. Mittlerweile wird auch vermehrt im Shop bestellt, als Teil eines sogenannten „Mobile Commerce“ Prozesses.
So stärkt nicht nur der Handel seine Position, sondern es wird auch für die Nutzer das Erlebnis vereinfacht und angenehmer gestaltet. Damit wird die Basis dafür gelegt, neben physischen Produkten, auch Dienstleistungen ganz anders als bisher anbieten und vermarkten zu können.
Die Integration und Platzierung von effektiver Werbung spielen, abseits der reinen Anwendung, eine tragende Rolle und dabei ist guter Content absolut entscheidend. Nur wenn die Inhalte den Kunden ansprechen und abholen, wird das Produkt bzw. die Dienstleistung auch verkauft werden können.
Wir betrachten letztlich auch Informationen als Produkte. Warum? Die Informationen müssen genau wie Produkte erfolgreich bis zum Endkunden gebracht werden und für diesen wahrnehmbar und verständlich sein. Nur wenn das auch nachhaltig funktioniert, ist es guter Content gewesen. Auch die Art und Weise, wie der Endkunde an die Informationen gelangt, ist für uns wichtig und muss über sämtliche digitalen Anwendungen hinweg reibungslos funktionieren.
Mobile Commerce und der Einfluss von COVID-19
Es kann 2020 kaum ein anderes Thema geben: Wie beurteilt ihr bei MICHAELTELECOM die Situation hinsichtlich COVID-19? Was sind eure Beobachtungen? Wie reagieren die Zielmärkte bisher und welche Richtung geben sie vor?
AS: Das ist eine schwierige Frage, denn letztlich agieren wir hier alle mit einem Maß an Ungewissheit. COVID-19 war für das Hauptgeschäft der MTAG gewiss spürbar, doch wir sind gut durch die Krise gekommen und konnten vor allem mit unserem großen Sortiment punkten. Neben Webcams, Notebooks, Headsets etc. waren viele Produkte rund um das Thema Mobilität bei uns sehr nachgefragt. Da unsere Teams, vom Einkauf und Vertrieb, bis hin zum Lager, einen hervorragenden Job gemacht haben, konnten wir unsere Kunden erfolgreich bedienen und trotz Corona viele Neukunden gewinnen.
In der POS Unit mussten wir einige Male den geplanten Rollout etwas verschieben, wir konnten die Zeit jedoch gut nutzen, um den VR eKiosk weiter zu verbessern, intensiver zu testen und können nun ein super durchdachtes Produkt präsentieren.
Spannend an der aktuellen Situation ist, dass wir in der POS Unit sehr viele Anfragen zu unseren Lösungen und Anwendungen bekommen haben, die sich natürlich um das Thema Bedienschutz drehen. Unser Produktportfolio haben wir ebenfalls um die sogenannten Schutzprodukte erweitert. Neben Masken und Visieren bieten wir auch Fiebermessungen am Screen oder Lösungen zur Einlasskontrolle an. Mein Fazit bisher: Definitiv Glück gehabt!
Mehr denn je stehen dem Einzelhandel weitreichende Veränderungsprozesse bevor. Einzelhändler aller Branchen, besonders natürlich in informationsgetriebenen Handelssparten wie im Elektronik- und Telekomfachhandel, stehen unter Druck und setzen ihre strategischen Schwerpunkte neu. Was sind deine Empfehlungen, um den Weg aus der Krise nicht nur zu meistern, sondern daraus auch gestärkt hervorzugehen?
AS: Ich sehe nicht nur eine spezielle Branche in Gefahr, sondern vielmehr viele Bereiche über alle Branchen hinweg! Ich habe natürlich nicht für alle Branchen eine Idee in petto, denn manches lässt sich schlicht nicht durch Digital-Signage-Anwendungen oder Shop-Möbel lösen. Grundsätzlich würde ich mir wünschen, dass alle Menschen miteinander an Lösungen arbeiten und sich gegenseitig unterstützen. Eben eine Einheit bilden, so wie wir das in unserer POS Unit versuchen.
In meiner Wahrnehmung ist E-Commerce eindeutig gestiegen und sicher nicht mehr wegzudenken. Dass es vorher schon sehr schwer war dagegen zu anzukommen, steht außer Frage. Doch spätestens jetzt, durch die Nutzung in der Krise, ist diese Realität endgültig gefestigt. Ich denke, dass alle Branchen sich dies zunutze machen sollten und sich gezielt auf standortunabhängige Produktvermarktung einlassen sollten. Auch weiterhin sind all jene Orte, an denen Menschen zusammenkommen, wo sie schlendern, warten oder einfach nur etwas verweilen, auch Standorte, an denen man als Händler, Gastronom oder Hotelier informieren, inspirieren und letztlich verkaufen kann. Genau hier kann Mobile Commerce eine neuartige und entscheidende Rolle im Einzelhandel einnehmen. Digitale Inhalte, kombiniert mit der richtigen Standort-Positionierung und Datenanalyse im Hintergrund, so wird langfristig ein neues Kauferlebnis geschaffen.
Mit dem VR eKiosk, an dem MICHAELTELECOM unter anderem mit Pyramid Computer und NTS Retail intensiv gearbeitet hat, bietet ihr eine zukunftsorientierte Self-Check-Out-Lösung mit vielseitigen Einsatzmöglichkeiten. Wo siehst du die Entwicklung für diese Kiosklösung hingehen? Wo wird dieser Kiosk den Konsumenten in Zukunft begegnen?
AS: Ich freue mich sehr über dieses Projekt und träume definitiv davon, diesen Kiosk schon bald an Standorten in der ganzen Welt sehen zu können. Genau an den vorhin angesprochenen Orten, an denen die Menschen zusammenkommen, ist der strategisch perfekte Platz für unsere Lösung. Ich sehe den VR eKiosk als ein Tool für Messen, Stadien, den Lebensmitteleinzelhandel, Hotels, Autohäuser, Rathäuser, regionale Behörden und viele mehr.
Dank der modularen Bauweise von Pyramid können wir mit wenigen Handgriffen den Kiosk umbauen, mit anderer Hardware bestücken und somit die Anwendungsfelder erweitern. Kombiniert mit der ebenfalls anpassbaren Softwarelösung von NTS Retail ist so ein breites Spektrum an Use Cases möglich und umsetzbar. Es entsteht quasi ein Shop in Kioskform mit allen Produkten, die man sich vorstellen kann. Wir arbeiten weiter mit Hochdruck an neuen Ideen und Erweiterungen, lasst euch überraschen!
Die Besonderheiten des Telekomeinzelhandels
Es steckt schon im Firmennamen: Eure Expertise liegt stark in der Telekommunikationsbranche. Wie können vor allem Telcos durch die Integration von Self-Service-Kiosken profitieren? Welche zusätzlichen Optionen zur Umsatzgenerierung können geschaffen werden?
AS: Ganz klar und diese Expertise ist in den VR eKiosk auch wesentlich eingeflossen. Das automatische Verifizieren eines Kunden ohne die Notwendigkeit eines persönlichen Telefonats oder Videocalls birgt eine große Chance. So ist kein eigenständiger Shop mehr notwendig, um den Endkunden zu erreichen. Es kann alles in einer Kioskanwendung abgewickelt werden und die Ausgabe z. B. über eine integrierte Abholstation erfolgen – an Standorten, an die wir heute vielleicht noch gar nicht denken. Gelingt es dann eine Kombination von Kooperationspartnern zu finden, die alle auf dem Kiosk vertreten sind, sich den Kunden präsentieren und Produkte verkaufen wollen, dann stehen alle Möglichkeiten offen!
Der Telekomeinzelhandel ist durchaus speziell in seiner Beschaffenheit, allerdings auch immer in einer gewissen Vorreiterrolle, was technikgetriebene Innovationsthemen betrifft. Welche anderen vertikalen Märkte können von Innovationen im Telekomeinzelhandel profitieren?
AS: Ich bin selbst im Handel aktiv gewesen, als Verkäufer, als Abteilungsleiter und dann im Außendienst und was soll ich sagen: Die Gestaltung der Shops, der Kundengedanke und der Auftrag, diesen von der Technologie zu überzeugen, haben sich nicht wesentlich verändert!
Warum? Weil sich letztlich alles darum dreht, Demogeräte zu präsentieren. Selbst wenn es Live-Geräte sind, so liegen diese ohne entsprechende Präsentation letztlich nur rum. Was ist es, was Apple so erfolgreich macht? Es ist nicht bloß das iPhone als funktionales Gerät, sondern im Wesentlichen die Geschichte, das Marketing, die Emotionen und das Drumherum. Das ist, meiner Meinung nach, der Grund des Erfolges.
In den Geschäften hat sich, abgesehen von Screens an den Wänden und ein paar kleine Displays neben wenigen Geräten kaum etwas verändert! Die Erklärung und damit das Verständnis für die Technologien fehlt meiner Meinung nach immer noch. Was ist 5G? Warum brauche ich das? Ist Festnetz noch ratsam? Was bedeutet Glasfaser? Wie kann ich IPTV empfangen? Solche Fragen beschäftigen die Endkunden und es ist ganz wichtig, sie immer dort abzuholen, wo sie sich in ihrem Bewusstsein auch tatsächlich gerade wiederfinden.
Ausstellen, den Kunden das Produkt fühlen lassen, kompetente Beratung bieten und dann nahtlos in den Verkauf übergehen. Den Kunden langfristig durch relevante Informationen binden und auch standortunabhängig für ihn da sein. Ich kann mich heute nicht mehr darauf verlassen, dass der Kunde morgen sicher wiederkommt, wenn ich um 18 Uhr mein Geschäft schließe. Die Erwartungshaltung ist ganz klar eine andere und es gibt keine Garantie, dass die gute Laune vom Vortag auch selbstverständlich beim nächsten Mal so Bestand hat. Mit einem Lächeln und einer offen zur Schau getragenen Freude bringt man die Kunden in den Shop und baut eine langfristige Beziehung auf. Dieses Prinzip wollen wir auch mit unseren Kiosken zur Entfaltung bringen, die dann hoffentlich 24/7 ein Lächeln zum Kunden bringen werden.
Der VR eKiosk ist bereits an 23 Standorten in Deutschland anzutreffen. Mehr über dieses Projekt finden Sie auf der offiziellen Website sowie auf der Seite der POS Unit.