Im Gespräch mit Qvantel: Digitale und physische Kanäle im Handel

Vielen Dank an unsere Partner von Qvantel für die Zusammenarbeit bei diesem Blogbeitrag! Dieser Beitrag wurde zunächst auf dem Blog von Qvantel veröffentlicht, siehe: https://blog.qvantel.com/blog/retail-integrating-digital-and-physical

Manchen Menschen liegt es näher im Geschäft einzukaufen als in der App oder auf der Website. Sie möchten die Waren sehen bevor sie sich zum Kauf entscheiden und sie möchten ihre Fragen von einem Menschen beantwortet bekommen. Dennoch mögen es die wenigsten, in der Schlange zu warten, wenn im Geschäft viel los ist oder ihre Fragen nicht beantwortet zu bekommen, falls der Verkaufsberater mit dem Produkt nicht ausreichend vertraut ist. Dies richtig zu machen, ist keine leichte Sache.

In einer Studie von Morning Consult aus dem Jahr 2022 zeigte sich, dass 52% der befragten Personen Elektronikprodukte lieber im Geschäft als online kaufen. Diese Zahl schnellt bei Lebensmitteln und Haushaltsprodukten auf 82% hoch. Seit sich der Lebenswandel wieder etwas normalisiert hat, zeigt sich, dass sich die Menschen zurück in die Einkaufszentren und -straßen wagen. Der Bericht von Morning Consult legt folgendes nahe:

„Die Konsumenten werden die Bequemlichkeit des Online-Shoppings nicht vergessen, aber die führenden Einzelhändler sollten mehr und mehr auf vernetzte Shopping-Journeys setzen und ihre Geschäfte entsprechend umrüsten, sodass sie online getätigte Einkäufe besser abwickeln und die digitalen Werkzeuge besser in die physische Verkaufswelt integrieren können.“

Beim Blick auf die Verteilung der Geräteverkäufe bei Smartphones in einem Report von GSMA Intelligence aus dem Jahr 2021 zeigt sich, dass 42% aller Verkäufe online stattfanden, während 31% aus den eigenen Filialgeschäften und 28% aus Partnergeschäften stammten. Der Bericht sagt außerdem ein Wachstum für den Online-Kanal (47%) voraus und einen Rückgang für die Partner-Kanäle (22%) mit einem Zeithorizont bis 2023/24. Diese Vorhersage findet zumindest bei Unternehmen wie Vodafone UK keine Bestätigung. Dort werden sogar 98% der Geschäfte in einem Franchise-Modell betrieben.[2]

Was aber bedeutet dies für Telekommunikationsunternehmen, die ihr Portfolio an Services und Produkten erweitern möchten? Viele Telcos verkaufen inzwischen mehr vernetzte Produkte – alles von Staubsaugern und Alarmmeldern bis hin zu Dienstleistungen wie Telehealth, Versicherungen und Unterhaltungsprogramme. Während es manchen Menschen leichtfällt, sich zwischen einer Website und der App zurechtzufinden, so gilt dies nicht für jeden. Somit ergeben sich einige interessante Punkte, an denen die physischen Geschäfte tatsächlich helfen können. Erstens können sie Menschen auf neue Produkte und Dienstleistungen hinweisen. Dies kann etwa durch Demos oder Videos geschehen, die die Kunden informieren und Bedarf wecken. Andererseits können Geschäfte ein wichtiger Ankerpunkt dafür sein, sich über die Verwendung der digitalen Kanäle zu informieren. Mitarbeiter können Kunden die Anwendung der App oder Website erklären, nicht nur beim Einkauf, sondern auch für Services aus dem Kundenportal. Viele Geschäfte nutzen diesen Ansatz bereits und bieten überdies eine Möglichkeit zum web-basierten Checkout, damit sich die Kunden so an den Kauf über digitale Kanäle gewöhnen können, gleichzeitig aber immer noch die Option haben auf die Unterstützung durch einen Mitarbeiter im Shop zurückzugreifen.

Woman at self-service kiosk

Den Handel mit dem richtigen Technologie-Mix aufwerten

Es gibt viele Möglichkeiten, wie sich das Erlebnis im Handel durch den Einsatz digitaler Technologien verbessern lässt. Dazu zählen etwa Queuing-Systeme, bei denen sich die Kunden via Smartphone einreihen und erst wenige Minuten vor ihrem Termin ins Geschäft kommen können. Auch können digitale Anzeigebildschirme genutzt werden, um alle möglichen digitalen Inhalte zu präsentieren und den Kunden, sobald diese für den Einkauf bereit sind, Selbstbedienungsterminals im Bereich der Verkaufsfläche zu bieten. 

Mit Info-Bildschirmen und digitalen Kiosklösungen in den Geschäften verändert sich das Kundenerlebnis immer mehr von den Ladentheken weg, hin zu mehreren unterschiedlichen Touchpoints auf der gesamten Verkaufsfläche. Für die Verkäufer bedeutet das einen Entwicklungsschritt weg von der Abwicklung von Verkäufen, Rücknahmen etc. hin zu einer beratenden Rolle, in der die Kunden über neue Services informiert werden und die digitalen Kanäle dazu genutzt werden. Abgesehen davon können Telcos ihre Geschäfte auch als Abholstationen für Verkäufe aus den Onlinepräsenzen nutzen.

Um hier ein Beispiel zu nennen, werfen wir einen Blick darauf, wie Shops eingesetzt werden könnten, um etwa 5G Services via Upselling zu positionieren. Viele Kunden haben bisher keine Erfahrungen mit 5G Services gesammelt und tun sich daher schwer, den Unterschied zwischen 4G und 5G zu begreifen. Mit 5G besteht außerdem die Möglichkeit, den Unterschied zwischen herkömmlichem Breitband, 4G und 5G aufzuzeigen. Dies könnte etwa auf Bildschirmen visualisiert werden, die den Kunden den Unterschied beim Streamen eines 4k Videos über 5G im Vergleich zu Standard-Breitband zeigen kann. Dieselbe Option tut sich auch beim Online-Gaming auf. Für neuartige Produkte wie AR und VR Headsets sind die physischen Geschäfte tatsächlich der ideale Ort, um die Kunden davon zu überzeugen.

Services ersetzen Geräteverkäufe

Weil immer mehr Produkte und Services auf den Markt kommen und verkauft werden wollen, wächst auch der Bedarf nach einem Informationsangebot, das den Kunden den richtigen Einsatz der digitalen Kanäle vermittelt. Geschäfte, die auch auf digitale Tools vertrauen, sind in der Telekommunikation der richtige Weg nach vorne. Zusätzlich können die Geschäfte auch direkt in die BSS-Umgebung der Betreiber integriert werden, sodass der Point-of-Sale (physisch genauso wie digital) direkt mit dem Produkt- und Servicekatalog verbunden werden kann, genauso wie mit der Netz- und Endgeräteprovisionierung. Darüber hinaus kann durch die Erhebung von Informationen zur Nutzung der Demos (z. B. für ein 5G Breitband-Service) personalisiertes Marketing und Sales betrieben werden.

Mit dem Voranschreiten von 5G gibt es zweifelsohne einen immer stärkeren Wandel in Richtung digitale Produkte, die den Kunden direkt über die Netze in einem OTT-Modell angeboten werden. Apple hat dahingehend bereits den ersten Schritt getan, indem beim iPhone 14 auf den SIM-Tray verzichtet wurde. Diese Entscheidung könnte sich als prophetisch erweisen – ähnlich wie einst die Verkündung des Endes von Flash – und eine neue Zukunft einläuten, in der Telcos mehr und mehr verkaufen, was auf den Geräten stattfindet anstatt der Geräte selbst und somit Kapital aus der Infrastruktur generieren.

Filialgeschäfte als Brücke zur Akzeptanz für neue Technologien

Die Entwicklung in Richtung digitale Produkte geht auch mit einer Verzögerung in der Akzeptanz und Adoption dieser Lösungen und Technologien einher. Das Ausspielen von Medieninhalten ist ein wesentliches Beispiel dafür, bei dem der Generationenunterschied dahingehend, wie die Medien konsumiert werden, wohl eklatanter als jemals zuvor ist. Man denke etwa an die Generation TikTok im Vergleich zu den Konsumenten linearer Programmangebote. Für den Einzelhandel in der Telco-Branche schafft dies eine Chance, indem von den Telcos eine informierende Rolle eingenommen werden kann, die gleichzeitig auch zu einem Geschäftsvorteil wird. Die Akzeptanz für technologische Neuerung variiert bisweilen stark zwischen den einzelnen Konsumenten und ist zu einem Teil eine Ausprägung der unterschiedlichen Lebensweisen und Präferenzen. Die physische Präsenz der Shops ist ein gutes Mittel, um genau dieser demographischen Vielfalt gerecht zu werden und jenen Konsumentengruppen etwas zu bieten, die das persönliche Erlebnis vorziehen – ganz unabhängig von Geschlecht, Alter, Ethnizität oder Lebenswandel.

In ihrem Report stellt GSMA Intelligence einige Möglichkeiten vor, die durch den physischen Einzelhandel wesentlich bereichert werden können: Persönliches Up- und Cross-Selling von Services, Zubehörverkauf, Reparaturdienste und Convenience-Verkäufe (wie etwa Click & Collect oder Selbstabholung am Schließfach).[3]

Der kleinste gemeinsame Nenner dieser Chancen ist das Vorhandensein eines physischen Geschäftes und wird weiter verstärkt durch gut ausgebildetes, engagiertes Personal.

Manche Menschen shoppen gerne. Andere nicht. Viele bevorzugen Websites und Apps. Andere mögen diese gar nicht und schätzen es, beraten und unterstützt zu werden. Durch die Kombination der digitalen und physischen Stärken in einem Geschäft wird es für Telcos möglich, das beste Kundenerlebnis zu bieten und dabei gleichzeitig die Kunden in der Verwendung der digitalen Kanäle weiterzubilden. Darüber hinaus wird ein Marketing- und Vertriebskanal geschaffen, der dem wachsenden Produkt- und Serviceportfolio Genüge tut.

Autoren

Tero Nieminen
VP Partnerships at Qvantel
 
Stephan Berger
Head of Marketing at NTS Retail

Quellen

[1] The future of telco retail: towards an omnichannel world. GSMA intelligence. March 2022, p. 35.

[2] Vodafone: „How Vodafone’s franchisee store entrepreneurs relish ‘being the boss’” See: https://www.vodafone.co.uk/newscentre/features/retail-stores-how-local-expertise-and-a-global-brand-work-together/

[3] The future of telco retail: towards an omnichannel world. GSMA intelligence. March 2022, p. 39.